Der Himmel über Berlin

„Sei bitte nicht tot.
Würdest Du das für mich tun?
Hör einfach damit auf.“

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Es ist nicht so wie im Fernsehen. Es ist nicht so, dass Du mich beobachtest, während ich an Deinem Grab stehe. Es ist nicht so, dass Du irgendwann plötzlich wieder vor mir stehen wirst. Ich habe eine ganze Zeitlang gedacht, wenn ich es nur für unwahrscheinlich genug hielte und es mir fest genug wünschte, dann wärst Du nicht tot. Und dieser ganze Alptraum mit Telefonaten vor dem Krankenhausaufenthalt, mit Berichten und Fotos von der Intensivstation, mit Todesanzeigen, Nachrufen, dem Ordnen des Nachlasses, und dass ich jetzt mit Deinem Auto herumfahre, dessen Kennzeichen Deine Initialen und Dein Geburtsdatum sind – dann wäre das alles nur ein riesengroßer Betrug gewesen, ein Fake, und in Wirklichkeit bist Du nicht tot. Sondern versteckst Dich nur, weil…

Ja, warum solltest Du? Es gibt keinen Grund. Du warst dem Leben zugewandt, so offen, so herzlich, so verletzlich, gleichzeitig oft ungeduldig, manchmal sogar grob, aber eins warst Du vor allem: Du selbst. Ich wusste bei Dir immer, woran ich war, hatte nie das Gefühl, Dir etwas verschweigen zu müssen. Es gab diese ganz besondere Verbindung zwischen uns, vom ersten Moment an, die war immer da, auch wenn wir uns nur in großen Abständen gesehen haben. Wie Seelenzwillinge. Ich vermisse die spontanen Telefonate, in denen Du mir vor Vergnügen glucksend Geschichten erzählst, immer im Berliner Tonfall, manchmal auch abgleitend ins Vogtländische, wo Du herstammst. Ich vermisse die regelmäßigen SMS, die mit guten Sonntagswünschen hin und her gingen. Die Verbundenheit war viel tiefer als das. Ich wusste einfach, ob es Dir gut oder schlecht ging, und umgekehrt genauso. Herrschte zu lange Schweigen, rief einer von uns an und erkundigte sich besorgt.

Ich weiß, dass Du manchmal neben mir sitzt, wenn ich mit Deinem blauen Auto herumfahre. Ich glaube, Du wolltest, dass ich es bekomme, wenn Du nicht mehr da bist. Ich weiß noch, wie wir zusammen darin saßen und Du mir Berlin gezeigt hast. Immer warst Du dann ganz stolz, als hättest Du persönlich es erbaut. Über den Kudamm sind wir gefahren, über die Glienicker Brücke, wir waren am Wannsee und an dem Ort, wo Kleist ins Wasser ging, auf dem Tempelhofer Feld, bei Theaterpremieren, und gemeinsam bei der Museumsnacht unterwegs, fast alles mit diesem kleinen blauen Auto, an dem so viele Erinnerungen hängen. Immer gab es zu sehen und zu entdecken und vor allem zu lachen und zu erzählen. Immer. Ich aus dem Westen, Du aus dem Osten, und gemeinsam erkundeten, verwünschten und beratschlagten wir die neue, komplizierte, zusammenwachsende Welt, und waren dankbar, dass wir uns kennenlernen konnten.

Der Himmel über Berlin war für mich immer blau und wolkenlos. Seit dem letzten Sommer trägt der Himmel ein paar kleine, weiße Wölkchen, und auf einem davon sitzt Du und schaust dem Treiben auf der Erde zu, ich bin sicher. Denn immer ist da jetzt mindestens ein kleines weißes Wölkchen, wenn ich in Berlin bin und nach oben sehe. Das beruhigt mich. Du passt von dort oben auf mich auf.

Die Trauer kommt in Wellen. An guten Tagen freue ich mich, jetzt einen ganz persönlichen Schutzengel zu haben. An anderen Tagen wieder reicht ein kleiner Anlass und ich bin zu nichts mehr zu gebrauchen, weil ich unversehens über ein Foto, einen Erinnerungsfetzen, ein Andenken stolpere. Wenn ich daran denke, dass ich Dich auf Deinem letzten Weg nicht begleiten konnte. Wenn ich darüber nachdenke, was ich Dir alles sagen wollte und es verschoben habe. Wenn wieder zur Gewissheit wird, dass das Leben ohne Dich weitergeht. Du fehlst mir entsetzlich.

Manchmal bin ich ganz in Deiner Nähe. Dann sitze ich in dem Café, wo wir uns oft getroffen haben, denke an Dich, an unser letztes Gespräch und will sonst niemanden sehen. Oder ich bin auf dem Friedhof, wo Deine Urne begraben wurde. Ich habe keine Blumen dabei, und ich weiß, dass Du mir das verzeihst. Aber ich habe immer, immer einen kleinen Zettel in der Tasche, zusammengefaltet, und das Papier sorgfältig ausgesucht, auf dem eine Botschaft für Dich steht. Ich verbrenne den Zettel, dort, wo die Erde das birgt, was von Dir übrigblieb, und sehe zu, wie die Buchstaben, aufgelöst in Rauch, aufsteigen, bis zu Dir, bis zu Deiner Wolke. Ich schreibe auf, was ich Dir nicht mehr sagen konnte. Ich schreibe auch auf, was ich Dir nie sagen konnte, und irgendwann werde ich vielleicht alle Worte und allen Rauch hinaufgeschickt haben.

Irgendwo bist Du noch. Musst Du noch sein. Kannst Du nicht bitte nicht tot sein? Ich muss Dir noch so viel erzählen…

„Nun, o Unsterblichkeit, bist du ganz mein.“
Kleist, Prinz von Homburg

Dorotheenstädtischer Friedhof und Französischer Friedhof, Berlin

Endlich habe ich es geschafft, diese beiden zu besuchen, sie standen schon lange auf meiner Liste. Der Französische Friedhof bildet gemeinsam mit dem benachbarten Dorotheenstädtisch-Friedrichswerderschen Friedhof das bedeutendste erhaltene und noch genutzte Friedhofsensemble Berlins. Und meine Verwunderung war groß, dass er praktisch nur einen Steinwurf weit entfernt liegt vom nördlichen Ende der Friedrichstraße und in der Nähe der Oranienburger Straße, einer Gegend, in der ich schon oft unterwegs war.

Der Dorotheenstädtische Friedhof wurde 1762 angelegt (der Französische Friedhof  1780) und bis 1826 mehrmals vergrößert. Er ist auch als „Promi-Friedhof“ bekannt, denn zahlreiche bekannte Persönlichkeiten sind hier begraben: die Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Johann Gottlieb Fichte, die Schriftsteller Heinrich Mann, Bertolt Brecht, Johannes R. Becher, Arnold Zweig, Christa Wolf und Anna Seghers, der Regisseur Heiner Müller, die Baumeister Friedrich August Stüler und Karl Friedrich Schinkel, der Künstler John Heartfield, Schauspieler Bernhard Minetti, die Schauspielerin Helene Weigel und der Buchdrucker Ernst Theodor Litfaß, Alt-Bundespräsident Johannes Rau. Und schließlich – leider, leider – einer meiner Lieblingsschauspieler: Otto Sander.

Der Friedhof hat einfach „Flair“, wenn man das über einen Friedhof sagen kann. Irgendwie kann man es spüren, dass hier vor allem Künstler bestattet wurden, es liegt fast eine gewisse Heiterkeit über der gesamten Anlage. Ist in den letzten Jahren ohnehin in Mode gekommen, Gräber individuell zu gestalten, so kann man es hier sogar über die Jahrhunderte hinweg beobachten.

Zwei Trends der letzten Jahre sieht man auch in dieser Anlage: die jüdische Sitte, Steine auf das Grab zu legen, und eine andere: kleine Buddha-Statuen aufzustellen.

Meine ständige Rede: dass man jedem Grab ansehen kann, wieviel der Verblichene seinen Angehörigen und Freunden bedeutet hat. Aber noch nirgends fand ich positive und negative Beispiele so nah beieinander wie hier. Das wohl tristeste Grab, dass ich je gesehen habe, war das der Schauspielerin Jenny Gröllmann auf dem französischen Friedhof. In einer schmucklosen Vase zwei schon lange verwelkte Rosen, keine Bepflanzung, statt dessen hatte jemand wohl während des Winters Tannenzweige auf die Grabstätte gelegt, die inzwischen alle braun geworden waren. Hier hat sich schon lange niemand mehr gekümmert (Stand: Mai 2015). Ein sehr trauriger Anblick.

Und was für ein Gegensatz das Grab von Otto Sander. Da ist sofort jedem klar: dieser Mensch ist sehr geliebt worden. Unzählige frische Blumen in Vasen oder Töpfen, alles bepflanzt, die Grabstätte liebevoll mit großen Kieseln begrenzt, kleine Kunst- und Erinnerungsgegenstände, Figuren in allen Größen – wunderschön! Offenbar bekommt Otto regelmäßig Besuch… 😉

Ein Grabmal, das ich in seiner Ausdehnung und Ausstattung zunächst irritierend fand, hat mich dann aber doch sehr berührt: der Königliche Baurat Friedrich Hoffmann hat es 1855 für seine vier Kinder errichten lassen, die innerhalb weniger Wochen alle an Scharlach verstarben…

Hier meine Galerie:

 

Jüdischer Friedhof Schönhauser Allee, Berlin

Wenn man in Berlin mal allein sein will, also, wirklich allein – dann sollte man an einem kalten Wintertag den Jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg besuchen. Wer nicht gezielt hierhin will, wird den Friedhof abseits der Touristenwege nämlich kaum ansteuern.

Vorweg: das mit dem „Alleinsein“ ist relativ. Kaum einer mag an einem kalten Februartag, wenn einem der eisige Wind um die Ohren pfeift, überhaupt nach draußen, geschweige denn auf einen Friedhof gehen. Ich war der einzige Besucher an diesem Vormittag. Und ich meine das mit dem Alleinsein nicht negativ. Man kann Ruhe und Abgeschiedenheit auch genießen, ich bin ja so ein Mensch (siehe Seite „Sepulkralfotografie„). Ich bin gerne mit der Kamera auf Friedhöfen unterwegs, und hier erhoffte ich mir neben einem Einblick in die jüdische Kultur auch neue, womöglich ungewöhnliche Motive.

Die gibt es in der Tat zuhauf, vor allem leider deswegen, weil der Friedhof, wie man sich denken kann, eine wechselvolle Geschichte hatte. Hauptsächlich wurde er zwischen  1827 und 1880 genutzt, und man kann an den Grabstätten die allmähliche Veränderung des traditionellen jüdischen Lebens im 19. Jahrhundert nachvollziehen. Inschriften änderten sich, auch die Art der Grabsteine, was Gestaltung und Material betrifft. Während des 2. Weltkriegs wurden Verzierungen und Grabgitter aus Metall geraubt und eingeschmolzen, zwischen den Gräbern Schützengräben gezogen. Später fielen Grabstätten immer wieder Vandalismus zum Opfer, die Spuren aus Jahrzehnten sieht man überall, umgeworfene Grabsteine, sogar Monumente mit deutlichen Brandspuren. Manche Grabsteine konnten bei Restaurierungsarbeiten keiner bestimmten Grabstelle mehr zugeordnet werden und wurden im „Lapidarium“ im Eingangsbereich des Friedhofs aufgestellt. Hier gibt es auch eine kleine, aber sehr informative Dokumentation über jüdische Friedhofskultur und jüdische Trauerrituale.

Insbesondere diese kleine Ausstellung hat mich sehr berührt, wurden mir doch Details des jüdischen Glaubens nahegebracht, die mir bis dahin unbekannt waren, zum Beispiel:

Jüdische Gemeinden haben sich immer bemüht, einen Friedhof als Eigentum zu erwerben, um die Totenruhe für alle Zeit zu garantieren. Der Grund hierfür ist die jüdische Vorstellung von Tod und Auferstehung:

Vor etwa 2000 Jahren entwickelten die Rabbiner die Lehre, dass Gott am sechsten Schöpfungstag die Seelen aller Menschen, die jemals auf Erden leben werden, erschaffen hat. Im Gan Eden, dem Paradies, warten sie darauf, während des Zeugungsaktes in den ihnen vorbestimmten Körper eingeleibt zu werden, geboren zu werden und zu leben. Nach dem Tod des Menschen wird der Körper begraben und die Seele kehrt in das Paradies zurück. Wenn nun alle Seelen genau einmal in ihrem bestimmten Körper gelebt haben und zurückgekehrt sind, dann ist, so die Gelehrten des Talmud, der Tag der Auferstehung gekommen. Jede Seele wird mit dem Körper, mit dem sie das irdische Leben geteilt hat, zusammengeführt werden und die Wonnen des ewigen Lebens genießen.

Einen Besuch kann ich unbedingt und uneingeschränkt empfehlen, und der Friedhof ist in wenigen Schritten vom U-Bahnhof „Senefelder Platz“ gut zu erreichen. Achtung bei den Öffnungszeiten, die sind leider nichts für Wochenendbesucher: freitags ist der Friedhof nur bis 14.30 Uhr geöffnet, samstags und sonntags geschlossen. Einzelheiten im oben verlinkten Wikipedia-Artikel und auf der Webseite von Berlin.de.

Galerie (Fotos vom 6. Februar 2015) :

Friedhof Neuss (2)

Bei meinem ersten Besuch auf dem Hauptfriedhof Neuss war ich angenehm überrascht, hatte ich doch in der niederrheinischen Eintönigkeit auf Friedhöfen nicht so viel Abwechslung erwartet. Wie beschrieben, wollte ich den Friedhof ein weiteres Mal besuchen, und dann einen anderen Teil.

Diese Gelegenheit bot sich nun, da ich herausgefunden hatte, dass sich ganz am anderen Ende des Geländes ein kleiner jüdischer Friedhof befindet, den wollte ich besuchen. Leider auch hier, wie so oft: verschlossen. Keine Angabe, ob, und wenn ja, an welchen Tagen der Friedhof geöffnet ist. Das niedrige Tor hätte ich locker überwinden können, aber sowas macht man nun mal nicht. Wenigstens einige Fotos über den Zaun hinweg waren möglich, hier eins davon:

Jüdischer Friedhof Neuss

Gleich gegenüber ein weiterer Eingang zum Hauptfriedhof, und da war ich nun wirklich in der richtigen Gegend für eine Fotosafari gelandet: das waren keine Gräber mehr, sondern monumentale Anwesen für die Reichen der Stadt. Fotos waren fast nur im Hochformat möglich. Ein paar Eindrücke in der Bildergalerie. Der Buddha hat mich überrascht, das Engelchen, das sich zwischen den Buchsbaum duckt, amüsiert, und die Jesusfigur mit dem ausgeprägten Brustkorb fand ich, nun ja, … :-)

Ohlsdorfer Park

Sollte es mich wieder einmal nach Hamburg verschlagen, so hatte ich mir seit langem vorgenommen, wollte ich ihn endlich besuchen: den Ohlsdorfer Friedhof. Ich habe absichtlich das Wort „Friedhof“ im Titel nicht erwähnt, denn in der Tat ist er viel mehr als das: der größte Parkfriedhof der Welt, mit Betonung auf Park.

Das Gelände ist knapp 400 Hektar groß und damit mehr fast viermal so groß wie der Hyde Park in London, und auch größer als der Central Park in New York (sofern die Angaben stimmen, die ich gefunden habe). Nun, wundern würde es mich nicht.

Der ganze Park ist, bis auf die Spazierwege zwischen den Gräbern hindurch, bei 30 Km/h mit dem Auto befahrbar, es gibt alleine 12 verschiedene Kapellen, den Seemannsfriedhof, Kriegsgräber, die Gräber für die Opfer der Sturmflut von 1962, und, und, und. Es gibt keine Unterscheidung nach Religionen, der Park ist eine riesige, wunderbare, alte Grünanlage, in der Spaziergänger, Radfahrer und Jogger ebenso willkommen sind (so lange sie sich dem Ort angemessen verhalten, natürlich). Nicht zu vergessen das reichhaltige Vogel- und Wildleben. Eichhörnchen en masse, sogar große Hasen sieht man zwischen den Gräbern, Eichelhäher, Spatzen, Elstern, Rotkehlchen – ein Refugium für alle einheimischen Tierarten.

Die Gestaltung der Gräber entsprach in etwa dem, was ich erwartet hatte: norddeutsche, hanseatische Zurückhaltung und Bescheidenheit. Keine protzigen Grabmäler, sondern eine gewisse Schlichtheit der Grabsteine, was nicht unbedingt Gleichförmigkeit bedeutet.

Ich hatte leider nicht die Zeit, den ganzen Park in Ruhe zu erkunden, dafür hätte ich vermutlich zwei Tage gebraucht, ich konnte mich nur punktuell umsehen und habe einige Fotos gemacht, die die Atmosphäre am besten einzufangen schienen.
 
 

Friedhof Grunewald, Berlin

Ein winziger, verwunschener, fast vergessener kleiner Friedhof, der sich in Wilmersdorf zwischen zahlreiche Bahngleise gequetscht hat. Oder war zuerst der Friedhof und die Bahngleise wurden respektvoll drumherum gelegt? Ein Friedhof jedenfalls, der vor allem den Wortteil „fried“ bedient, nämlich im Sinne von „friedlich“. Von ferne hört man ab und an Züge vorbeirattern, aber das erinnert eher an Reisen, an die letzten Reisen, die hier angetreten wurden, und hat beinahe etwas Poetisches.

Ich hätte den kleinen Friedhof nie gefunden, wenn nicht ausgerechnet hier die Bestattung eines guten Freundes gewesen wäre. Ich bin überzeugt, ihm gefällt es hier. Die Mischung aus altertümlich und berlinerisch verschmitzt hätte ihm gefallen.

Friedhof Dülken

Och nö – schon wieder ein Friedhof?

Friedhöfe haben den Vorteil, dass es sie überall gibt. :-) Ich habe meiner damaligen Wahlheimat Dülken (Ortsteil von Viersen), wo ich von 1984 bis 1988 gewohnt habe, nach langer Zeit wieder einen Besuch abgestattet. Und dabei war mir aufgefallen, dass ich noch nie den dortigen Friedhof gesehen hatte. Zwei Fliegen mit einer Klappe.

Dülkener sind ein lautes, handfestes, originelles Völkchen. Entsprechende Erwartungen hatte ich also an die letzten Ruhestätten der Einwohner. Ich wurde nicht enttäuscht. Alte, monumentale Figuren neben modernen, filigranen, ungewöhnlichen, und trotzdem alles harmonisch. Erstaunlich war die Anzahl und Größe sehenswerter Figuren, so dass tatsächlich viele Bilder im Hochformat aufgenommen sind, mehr als sonst.

 

Friedhof Viersen

Nach langer Zeit ein Besuch auf dem Viersener Friedhof. Das ist vermutlich der, auf dem ich am häufigsten gewesen bin, denn in Viersen bin ich aufgewachsen und zwangsläufig gab es immer wieder Anlass, das Friedhofsgelände zu besuchen.

Der heutige war das Familiengrab, für das eine Entscheidung getroffen werden muss. Den Grabstein versetzen? Die Einfassung entfernen lassen? Doch noch einmal um einige Jahre verlängern? Ich nutzte den Besuch – natürlich! – wieder, um Fotos zu machen, und sah den Friedhof, den ich gut zu kennen glaubte, mit völlig anderen Augen.

In meiner Erinnerung wurde er dominiert von düsteren Grabreihen, von dunklen Nadelhölzern, von dicht beieinander liegenden Gräbern – nichts davon stimmt. Sicherlich trug das schöne Wetter dazu bei, aber ich fand mich auf einem friedlichen, luftigen, weitläufigen Parkgelände wieder. Die vielen eng gesetzten Sträucher zwischen den Grabreihen sind weg, man kann weithin sehen, es hat beinahe etwas Heiteres, nichts Bedrückendes mehr.

Besonders schön: wie auf vielen Friedhöfen gab es auch in Viersen die Grabstätten der oberen Zehntausend, Firmengründer, Ärzte, Anwälte, mit der entsprechenden pompösen Ausstattung in Form von gewaltigen Grabmälern. Viele dieser Gräber sind inzwischen aufgelassen, aber die Grabmäler hat man stehen lassen. So wirken sie eher wie monumentale, eigens zu diesem Zweck geschaffene, würdevoller Kunstwerke, nicht wie Grabgestaltung, und verschönern den Friedhof auf ganz seltsame Weise.

Im ältesten Teil des Geländes gab es erstaunlich viel zu fotografieren, und die vielerorts so verbreiteten Gipsengelchen sind zum Glück in der Minderzahl. Zwei habe ich dennoch fotografiert, denn sie sind auf dem Grab eines viel zu früh gestorbenen kleinen Engels in der Familie…

Mein heutiges Lieblingsfoto ist das hier:

Kolumbarium
Kolumbarium

Die ehemalige Friedhofskapelle ist in den letzten Jahren zum Kolumbarium umgebaut worden. Auch in Viersen wird die Urnenbestattung immer beliebter. Dieses Kreuz stand in einem der Räume unbeachtet auf dem Boden…

Üblicherweise bearbeite ich meine Fotos, so dass lediglich das anonymisierte Grab, aber kein Name zu sehen ist. Das folgende Foto ist eine Ausnahme:

Friedhof Viersen, Grab Ruth Kaiser
Friedhof Viersen, Grab Ruth Kaiser

Ruth Kaiser war eine bekannte Viersener Fotografin, die mit Leidenschaft ihre Heimatstadt in wunderbaren Aufnahmen festhielt. Sie war überall bekannt und beliebt, und diese Gestaltung ihres Grabsteins ist die einzig passende. :-)

Und hier die weiteren Fotos als Galerie:

Friedhof Neuss (1)

Manchmal erlebt man ja auch Überraschungen. Fest entschlossen, den rheinischen Friedhöfen für eine Weile den Rücken zu kehren, weil sie ja doch alle ähnlich sind, hat es mich dann auf einer Fahrradtour auf den Neusser Friedhof verschlagen, den ich bis dahin nur einmal gesehen hatte. Und das lag viele Jahre zurück. Nun, sollte der Friedhof ähnlich gleichförmig und langweilig sein, wie der Rest der Stadt? Anfangs sah es so aus. Vom Haupteingang rechts herum erwartete mich ziemliche Einöde, alle Gräber sahen in der Tat gleich aus, und viele waren aufgelassen, das heißt ungepflegt oder gar schon eingeebnet.

Auf dem weiteren Weg wude ich aber fündig: Neben den unvermeidlichen Engelchen gab es doch die eine oder andere interessante Grabfigur. Ich habe nur einen kleinen Teil des Friedhofs abgegrast, ungefähr ein Viertel, deswegen wird irgendwann ein zweiter Teil mit mehr Fotos folgen.

Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss
Hauptfriedhof Neuss

Friedhöfe Kaarst

Der Vorteil, auf dem Land zu wohnen, liegt darin, dass jedes Dorf seinen eigenen Friedhof hat. Die Stadt Kaarst, aus mehreren Ortsteilen zusammengesetzt, hat gleich vier (zumindest nach meinem heutigen Wissensstand): den städtischen Friedhof, den in Vorst, in Büttgen und in Holzbüttgen. Alle vier sind für mich mit dem Fahrrad in längstens zehn Minuten zu erreichen. Nachteil: diese dörflichen Friedhöfe ähneln sich alle, und je kleiner, desto ähnlicher werden sich Gräber und Ausstattung. Hier greift die soziale Kontrolle noch über den Tod hinaus: bloß nicht auffallen.

Man muss schon suchen, um ungewöhnliche Grabfiguren zu finden. Denn auch hier überall die gleichen, neutralen, für die Ewigkeit polierten Grabsteine und: Gips-Engelchen. Diese industriell gefertigten kleinen Racker sehen eigentlich nur noch dann interessant aus, wenn sie schon Patina oder Moos angesetzt haben. Hin und wieder allerdings findet man auch welche, die geradezu fröhlich oder auch verschmitzt aussehen. Schöne, holzgeschnitzte Figuren hingegen sind sehr selten geworden. Da muss man im ältesten Teil des Friedhofs suchen.

Neueste Mode ist übrigens, die gesamte Graboberfläche in geometrische Flächen aufzuteilen und jeweils mit unterschiedlichem Belag, meistens verschiedenfarbige Kieselsteine, zu bestreuen. In einer Gegend mit hohem Grundwasserspiegel, wie es in Kaarst der Fall ist, dürften solche Gräber bald einsacken, wie man an älteren Grabstätten gut sehen kann. Dann sieht es bestimmt nicht mehr schön aus. Aber jeder wie er mag. :-)