Jessica Wagener: Narbenherz

Narbenherz

Vernarbt, verletzt, verängstigt – so muss man sich die junge Frau Anfang 30 vorstellen, die auf Reisen geht, um alles zu vergessen: Die kräftezehrende und schmerzhafte Krebsbehandlung, die Komplikationen und weitere gesundheitliche und menschliche Katastrophen. Ihre Reiseziele sind Orte, die sie schon immer einmal sehen wollte. Und die sie auf jeden Fall gesehen haben will, falls der Krebs wiederkommt. Weil das Leben so kurz ist. Weil sie herausfinden will und muss, was, außer Narben und Verletzungen und Ängsten, von ihr selbst übrig geblieben ist. Ein halbes Jahr lang nimmt sie eine Auszeit, reist in die USA, nach Brasilien, Argentinien, Südafrika, findet Menschen, findet Landschaften, Gesellschaft, Einsamkeit, Schmutz, Schönheit – und schließlich sich selbst. Und lernt: Verlässlich im Leben sind nur der eigene Mut und das Vertrauen in die eigene Stärke. Manches aus ihrem alten Leben bleibt ungelöst, mit der Rückkehr nach Hamburg sind alte Probleme wieder da, aber im neuen Licht.
Ein Buch, das wunderbar geschrieben ist, in einer ganz eigenen, persönlichen, ausdrucksvollen und treffenden Sprache, manchmal lustig, oft berührend und immer ehrlich. Danke an die Autorin, die uns Leser mitnimmt auf eine Reise um die Welt und in ihr eigenes Seelenleben.

Ein Buch, das ich uneingeschränkt allen empfehle, die auf der Suche sind.
Und auch sonst allen.

Homepage der Autorin: jessyfromtheblog.wordpress.com

Ohlsdorfer Park

Sollte es mich wieder einmal nach Hamburg verschlagen, so hatte ich mir seit langem vorgenommen, wollte ich ihn endlich besuchen: den Ohlsdorfer Friedhof. Ich habe absichtlich das Wort „Friedhof“ im Titel nicht erwähnt, denn in der Tat ist er viel mehr als das: der größte Parkfriedhof der Welt, mit Betonung auf Park.

Das Gelände ist knapp 400 Hektar groß und damit mehr fast viermal so groß wie der Hyde Park in London, und auch größer als der Central Park in New York (sofern die Angaben stimmen, die ich gefunden habe). Nun, wundern würde es mich nicht.

Der ganze Park ist, bis auf die Spazierwege zwischen den Gräbern hindurch, bei 30 Km/h mit dem Auto befahrbar, es gibt alleine 12 verschiedene Kapellen, den Seemannsfriedhof, Kriegsgräber, die Gräber für die Opfer der Sturmflut von 1962, und, und, und. Es gibt keine Unterscheidung nach Religionen, der Park ist eine riesige, wunderbare, alte Grünanlage, in der Spaziergänger, Radfahrer und Jogger ebenso willkommen sind (so lange sie sich dem Ort angemessen verhalten, natürlich). Nicht zu vergessen das reichhaltige Vogel- und Wildleben. Eichhörnchen en masse, sogar große Hasen sieht man zwischen den Gräbern, Eichelhäher, Spatzen, Elstern, Rotkehlchen – ein Refugium für alle einheimischen Tierarten.

Die Gestaltung der Gräber entsprach in etwa dem, was ich erwartet hatte: norddeutsche, hanseatische Zurückhaltung und Bescheidenheit. Keine protzigen Grabmäler, sondern eine gewisse Schlichtheit der Grabsteine, was nicht unbedingt Gleichförmigkeit bedeutet.

Ich hatte leider nicht die Zeit, den ganzen Park in Ruhe zu erkunden, dafür hätte ich vermutlich zwei Tage gebraucht, ich konnte mich nur punktuell umsehen und habe einige Fotos gemacht, die die Atmosphäre am besten einzufangen schienen.