Der Vorteil, auf dem Land zu wohnen, liegt darin, dass jedes Dorf seinen eigenen Friedhof hat. Die Stadt Kaarst, aus mehreren Ortsteilen zusammengesetzt, hat gleich vier (zumindest nach meinem heutigen Wissensstand): den städtischen Friedhof, den in Vorst, in Büttgen und in Holzbüttgen. Alle vier sind für mich mit dem Fahrrad in längstens zehn Minuten zu erreichen. Nachteil: diese dörflichen Friedhöfe ähneln sich alle, und je kleiner, desto ähnlicher werden sich Gräber und Ausstattung. Hier greift die soziale Kontrolle noch über den Tod hinaus: bloß nicht auffallen.
Man muss schon suchen, um ungewöhnliche Grabfiguren zu finden. Denn auch hier überall die gleichen, neutralen, für die Ewigkeit polierten Grabsteine und: Gips-Engelchen. Diese industriell gefertigten kleinen Racker sehen eigentlich nur noch dann interessant aus, wenn sie schon Patina oder Moos angesetzt haben. Hin und wieder allerdings findet man auch welche, die geradezu fröhlich oder auch verschmitzt aussehen. Schöne, holzgeschnitzte Figuren hingegen sind sehr selten geworden. Da muss man im ältesten Teil des Friedhofs suchen.
Neueste Mode ist übrigens, die gesamte Graboberfläche in geometrische Flächen aufzuteilen und jeweils mit unterschiedlichem Belag, meistens verschiedenfarbige Kieselsteine, zu bestreuen. In einer Gegend mit hohem Grundwasserspiegel, wie es in Kaarst der Fall ist, dürften solche Gräber bald einsacken, wie man an älteren Grabstätten gut sehen kann. Dann sieht es bestimmt nicht mehr schön aus. Aber jeder wie er mag.