DoppeltDasBuch: Vaterschaft

Juan drehte sich zu Michael herum. Der Anwalt saß gelassen am Schreibtisch, hatte wie immer die Hände über dem Bauch gefaltet und sah ihn abwartend an. Juan fiel auf, dass Michael in letzter Zeit an Gewicht zugelegt hatte. Oder lag es daran, dass er selbst sich mehr im Fitnessstudio abmühte, seit er mit Kitty zusammen war, und durchtrainierter war? Michael sah ihn aufmerksam an und wartete auf das Ende der Geschichte.

„Dass ich meinen Pass verloren hatte, habe ich erst gemerkt, als wir wieder nach Spanien reisen wollten. An der Grenze zu Frankreich haben sie mich nicht durchgelassen. Mit vielem Hin und Her und ein paar kleinen Tricks hat es dann doch geklappt.“

Juan kam zum Schreibtisch zurück, ließ sich in den Besuchersessel fallen und fuhr sich mit der Hand über die Augen. „Michael, das hat mir noch gefehlt. Sie hätte sich keinen schlechteren Zeitpunkt aussuchen können.“

Michael musterte ihn. „Wenn Du willst, kann ich das für Dich regeln.“

„Ja, bitte, mach das“, sagte Juan erleichtert, „was will sie denn eigentlich?“

„Sie will Dich sehen, kennenlernen. Sie schreibt, sie hat schon einmal einen Versuch gemacht, aber Du hättest abgelehnt.“

Juan runzelte die Stirn. „Ganz bestimmt nicht, daran würde ich mich doch erinnern. Und sehen? Muss ich das?“

Michael zuckte mit den Achseln. „Nein. Aber vielleicht möchtest Du es ja. Am besten denkst Du in Ruhe darüber nach. Ich weiß nicht, ob diese Johanna außerdem Geld von Dir will. In diesem Falle solltest Du feststellen lassen, ob Du wirklich der Vater bist. Ich muss auch klären, inwieweit sie denn überhaupt finanzielle Ansprüche hätte, und…“

„Stop!“ rief Juan, „mir schwirrt der Kopf!“

„Wie auch immer“, sagte Michael und lächelte beruhigend, „die Vaterschaft kann man ja heutzutage zweifelsfrei feststellen.“

Juan schwieg und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Ihm war plötzlich mulmig.

„Da bin ich nicht so sicher“, sagte Juan.

DoppeltDasBuch: Interview

Manchmal reicht google alleine nicht – man braucht den Rat von Fachleuten. Oder will sich zumindest vergewissern, dass man nicht den größten Blödsinn schreibt.

Mein Held Ramón sitzt also seit Jahr und Tag auf La Gomera, bereitet Arzneien zu und versorgt die Bauern der Umgebung mit seinen Tinkturen, Salben und Kräutertees.

Das habe ich  mir alles nur ausgedacht – aber ist das überhaupt denkbar? Kann er dort wohnen, wo er wohnt? Gibt es solche Pflanzen überhaupt? Ist es möglich,  den einen oder anderen Weg wirklich zu Fuß zurückzulegen? Wie werden in der Natur gesammelte Pflanzen behandelt, um sie zu konservieren?

Also fragte ich bei einem netten Abendessen einen Experten um Rat. Doktor der Biologie, Buchautor und Fernsehmoderator, der gleich mit drei dicken Büchern unter dem Arm erschien und sich außerdem auch noch auf La Gomera und mit der Flora der Kanarischen Inseln auskennt. Ein Sechser im Lotto.

Zwei Dinge haben mich vor allem erfreut und erstaunt zugleich: Meine bisherigen Recherchen waren offenbar gediegen genug, dass sie sogar den kritischen Augen des gelernten Biologen gefielen. Alles prima, was ich mir da zusammengesucht und ausgedacht habe. Und das ist auch alles plausibel. Und wenn ich noch eine Pflanze mit bisher unbekannter medizinischer Wirkung suche…

“…dann nimm ein Wolfsmilchgewächs, da gibt es so viele Unterarten, die kann kein Mensch alle kennen. Da kannst Du ruhig eine erfinden.”

Das werde ich auch ruhigen Gewissens tun. Schließlich wird es ein Roman und keine wissenschaftliche Abschlussarbeit. Phantasie muss erlaubt sein.

Der zweite Punkt: Als ich so von der Story erzählte und den Zwillingen, und einer davon Sänger und der andere auf der Insel – da kam die erstaunte Frage: “Ja, über wen von beiden schreibst Du denn jetzt Dein Buch??”

*schluck*

Die Frage ist sicher nicht ganz unberechtigt. Muss ich womöglich die ganze Geschichte nochmal umdenken, umstricken, verwerfen, oder gar: NEU schreiben? Wie ich inzwischen diversen Autorenforen und dortigen Einträgen entnommen habe, ist das erste Buch immer mindestens dreimal umgeschrieben worden, bevor es veröffentlicht wurde.

Dann hab ich ja noch ein paar Fehlschüsse frei…

Ach ja, und die dicken Bücher habe ich mir erst einmal ausleihen dürfen. ;-)

DoppeltDasBuch: Interview mit mir

Es gibt sie immer wieder, diese Tage. An denen ich alles hinwerfen will. An denen ich glaube, dass es kein Schwein interessieren wird, was ich da zusammenschreibe. Ein Liebesroman, ja und? Es gibt so viele. Wo ist denn das besondere an diesem Buch? Die Zwillingsgeschichte? Die realen Vorbilder? Die Schauplätze?

Hilfreich kann in einem solchen Falle ein Interview mit sich selbst sein.

Frage: Was ist denn heute los?

Weltschmerz, Zweifel, Ärger. Ich weiß nicht, wofür ich schreibe.

Frage: Wofür schreibst Du?

Für mich, glaube ich. Ja, eigentlich für mich. Es ist eine Geschichte, die ich mag, ich mag die Charaktere, und ich finde es spannend, was ihnen passiert.

Frage: Glaubst Du, auch jemand anders wird es spannend finden?

Ich habe keine Ahnung, ich hoffe es. Ich denke, die Schauplätze sind interessant, Fernsehen, Bühne, da kennt sich nicht jeder gut aus. Und ich hoffe, dass auch andere die Charaktere genauso gerne mögen werde wie ich.

Frage: Willst Du Deine Bücher verkaufen?

Das wäre schön, ist aber nicht der Hauptgrund, warum ich schreibe.

Frage: Was dann?

Erstens macht es Spaß. Es ist beglückend und zutiefst befriedigend, wenn ich Tage – oder eher Nächte – um eine Formulierung, einen Satz ringe, zwanzig Mal umschreibe und dann endlich etwas so geschildert habe, dass ich selbst beim Lesen Gänsehaut bekomme.

Frage: Warum hast Du dann immer wieder das Gefühl, aufgeben zu wollen?

Weil diese Momente so selten sind. Weil ich glaube, dass einige Stellen im Buch richtig gut sind, viele andere dagegen bestenfalls Durchschnitt. Weil ich den Anspruch habe, dass in einem guten Buch alles gleich gut sein muss und ich manchmal glaube, ich schaffe das nicht.

Frage: Und warum machst Du dann trotzdem weiter?

Weil ich es will. Ich habe noch immer alles erreicht, wenn ich es wirklich wollte, und ich werde auch das schaffen. Ein Buch veröffentlichen. Ich bin sicher, dass ich es kann. Vielleicht bin ich nur zu ungeduldig…