Manchmal erlebt man ja auch Überraschungen. Fest entschlossen, den rheinischen Friedhöfen für eine Weile den Rücken zu kehren, weil sie ja doch alle ähnlich sind, hat es mich dann auf einer Fahrradtour auf den Neusser Friedhof verschlagen, den ich bis dahin nur einmal gesehen hatte. Und das lag viele Jahre zurück. Nun, sollte der Friedhof ähnlich gleichförmig und langweilig sein, wie der Rest der Stadt? Anfangs sah es so aus. Vom Haupteingang rechts herum erwartete mich ziemliche Einöde, alle Gräber sahen in der Tat gleich aus, und viele waren aufgelassen, das heißt ungepflegt oder gar schon eingeebnet.
Auf dem weiteren Weg wude ich aber fündig: Neben den unvermeidlichen Engelchen gab es doch die eine oder andere interessante Grabfigur. Ich habe nur einen kleinen Teil des Friedhofs abgegrast, ungefähr ein Viertel, deswegen wird irgendwann ein zweiter Teil mit mehr Fotos folgen.
Klappentext: Philomena Lee ist selbst fast noch ein Kind, als sie hochschwanger im Kloster Zuflucht sucht. Doch statt Barmherzigkeit erwartet sie dort ein unerbittliches System. Denn die Nonnen von Roscrea verkaufen jedes uneheliche Kind in die USA. Mit drei Jahren wird auch Philomenas Sohn Anthony nach Amerika verschickt. Mutter und Sohn können einander nicht vergessen, aber erst 50 Jahre später erfährt Philomena mit Hilfe des Journalisten Martin Sixsmith, was aus Anthony geworden ist.
Wer den Film erst noch sehen und sich überraschen lassen möchte, sollte jetzt nicht weiterlesen!
Diese wahre Geschichte aus dem Irland der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts ist mit der großartigen Judi Dench in der Hauptrolle verfilmt worden und läuft gerade (Stand: März 2014) in den Kinos. Das Thema Adoption, um nicht zu sagen, von insbesondere der katholischen Kirche vermittelte Zwangsadoptionen, ist nicht grundsätzlich neu, das gab es ebenso in anderen Ländern (Spanien, staatlich organisiert in der DDR). Überall versuchen auch heute noch Kinder und Eltern einander wiederzufinden. Philomena Lee steht stellvertretend für viele dieser Mütter, denen man ihre Kinder weggenommen hat, und gleichzeitig ist ihr Fall etwas Besonderes.
Eigentlich mag ich diese „Bücher zum Film“ nicht, in denen die Handlung noch einmal nacherzählt wird, oder die mit einem aktuellen Cover neu herausgebracht werden, weil gerade eine Verfilmung stattgefunden hat. Meist ist es umgekehrt: ich sehe mir die Verfilmung eines Buchs an, das ich schon kenne. Für mich haben diese „Bücher zum Film“ immer ein bisschen den Beigeschmack, dass manche Menschen offenbar überhaupt erst ein Buch lesen, wenn sie im Kino einen Film gesehen haben, der ihnen gefallen hat.
In diesem Fall ist es jedoch anders. Im Film geht es um die Suche von Philomena nach ihrem Sohn – das sorgfältig recherchierte Buch „Philomena“ von Martin Sixsmith erzählt jedoch, wie es dem Sohn ergangen ist, also genau den Teil der Geschichte, den der Film zum größten Teil ausspart. Martin Sixsmith ist selbst der Journalist, der Philomena auf der Suche nach ihrem Sohn Anthony begleitet hat. Das verspricht zum einen eine gewisse Gründlichkeit in der Recherche, aber auch Sachlichkeit, mit der er sich dem Thema nähert.
Man langweilt sich keine Sekunde. Martin Sixsmith schreibt sehr interessant und unterhaltsam, er hat eine Fülle von Informationen über das Leben von Anthony (der in den USA nach seiner Adoption Michael Hess hieß) zusammengetragen. Sixsmith war auf Interviews mit Familie, Freunden und Kollegen und weitere Quellen angewiesen, um die Geschichte zu rekonstruieren, denn Anthony ist 1995 an der Immunschwächekrankheit Aids gestorben, bevor seine Mutter ihn wiederfinden konnte.
Ein wenig heikel finde ich, dass er Gedanken und Gefühle von Anthony wiedergibt, die er unmöglich wissen kann und die er vermutlich aus den Aussagen seiner Interviewpartner nachempfunden hat. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass er sich im Rahmen des Verantwortbaren bewegt. Und gerade die genauen Schilderungen von Anthonys Gedanken und Gefühlen machen das Buch so lebendig. Ein weiteres Plus und die Abrundung ist der quasi nebenbei stattfindende geschichtliche Exkurs in die gesellschaftlichen Umstände im Irland der 50er Jahre. Ebenso gibt das Buch einen Rückblick auf die ersten Aids-Fälle und den Umgang bzw. Nicht-Umgang der amerikanischen Politik mit der neuen und furchteinflößenden Krankheit.
Da jubelt das Blogger-Herz: Gettyimages, eine der renommiertesten Photo-Agenturen der Welt, mit einem schier unerschöpflichen Bildarchiv, erlaubt ab sofort das „Embedden“, also das Einbetten der Fotos in private Webseiten und Blogs. Kostenlos. Der einzige Nachteil ist: wenn Gettyimages das Bild irgendwann entfernt, ist es auch auf der eigenen Seite weg. Aber damit ist so schnell nicht zu rechnen.
Das Einbetten funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie mit den Videos auf Youtube: den entsprechenden Button anklicken, den Code in die eigene Webseite kopieren, fertig. Nicht ganz so ästhetisch: das Bild wird mit einem ziemlich fetten weißen Balken versehen, in dem die Bildrechte angegeben sind. Wenn man ohnehin eine Seite mit weißem Hintergrund hat, stört das nicht besonders, dann sieht man nur den Schriftzug. Für Seiten mit dunklem Hintergrund sind sie allerdings nicht so gut geeignet.
Und so sieht es aus:
Man erkennt die Möglichkeit, das Bild zu verwenden, gleich an dem kleinen Symbol mit dem „tag“ rechts unter dem Bild. Einfach draufklicken, dann öffnet sich ein Fenster mit dem Code, den man dann nur noch auf die eigene Webseite kopieren muss. Wenn man sich auskennt, kann man sogar die angezeigte Größe im Code verändern.
Endlich fühlt man sich nicht mehr fast wie ein Krimineller, wenn man ein Foto verwendet, dessen Herkunft nicht genau geklärt ist. Gerade Gettyimages war in der Vergangenheit nicht zimperlich, wenn es um Klagen wegen unerlaubter Verwendung von Fotos ging. Ich habe es aus diesen Gründen immer vermieden, Fotos mit ungeklärten Bildrechten zu verwenden, sondern habe mich um die Einwilligung des jeweiligen Fotografen bemüht, oder zur Illustration von Artikeln eigene Aufnahmen verwendet.
Schwierig wird es allerdings bei Promis, denn wann kommt man schon so nah heran wie bei diesem Beispiel von der Berlinale – und kann gleichzeitig die Kamera ruhig halten… 😉
Wenn die eigenen Bilder nicht so toll geworden sind, kann man jetzt seinen Bericht trotzdem ansprechend bebildern. Sich die große, weite Welt auf die eigene Webseite holen.
Das Material scheint nahezu unbegrenzt, ich habe noch längst nicht alles ausgelotet. Auch Landschafts- und Reiseaufnahmen gibt es, aber hier bin ich nicht sicher, ob wirklich alle freigegeben sind oder werden, das hängt offenbar vom jeweiligen Fotografen ab. Bei einigen ploppte noch eine Honorartafel auf, als ich gesucht habe.
Hier eine wunderschöne Aufnahme meiner Lieblingsinsel La Gomera:
Fazit: eine schöne Möglichkeit, Artikel und Blogeinträge zu gestalten, wenn eigenes Bildmaterial fehlt. Für Blogger und private Webseitenbetreiber ein Vorteil, und auch Gettyimages macht auf diese Weise positive Werbung. Gerade bei ereignisgebundenen Bildern wie zum Beispiel von der Oscar-Verleihung oder der Berlinale lässt die Nachfrage irgendwann nach und sie würden sie ohnehin kaum noch verkaufen. Eine zeitgemäße und richtige Aktion, und hoffe sehr, dass weitere Agenturen folgen.
Noch ein Hinweis: wenn man mit eingebetteten Fotos versehene Artikel auf Facebook postet, werden diese Fotos dort in der Vorschau nicht angezeigt!
Man geht in den anderen Raum, und kaum dort angekommen, weiß man nicht mehr, was man dort tun wollte. Oder man schreibt Sachen auf den Einkaufszettel und vergisst trotzdem, sie mitzubringen. Der Name eines weltbekannten Schauspielers fällt einem plötzlich nicht mehr ein, obwohl man das Gesicht deutlich vor seinem inneren Auge sieht. Oder ein bestimmter Film, ein Buch, ein Song, ein Komponist, ein Politiker. Man bringt Jahreszahlen, Erinnerungen und Ereignisse durcheinander. Verlegt seine Brille, seinen Hausschlüssel. Dinge behalten oder gar neu lernen fällt immer schwerer und dauert länger.
Das alles sind Fehlleistungen des Gehirns, die auch jungen Menschen passieren, aber die sich häufen, wenn man älter wird. Mit „älter“ meine ich: jenseits der fünfzig. Das ist auch das Alter, in dem man anfängt, sich Sorgen zu machen. Ist das schon beginnende Demenz? Oder gar Alzheimer? Bin ich schon alt, nimmt mich niemand mehr ernst?
In der Zeitung habe ich von diesem Buch gelesen und es mir aus Neugier gekauft. Ich erwartete Aufschluss darüber, ob meine Beobachtungen an mir selbst und anderen zutreffen, und vor allem: ob ich mir Sorgen machen muss.
Eines vorweg: Sorgen unnötig, zumindest wenn man nicht eine ausgeprägte genetische Disposition für Alzheimer und Co. mitbringt. André Aleman erzählt fast im Plauderton über die Funktionen des Gehirns, und wie sie sich im Laufe des Lebens verändern. Und nicht nur zum Schlechten! Wenn ein älterer Mensch mehr Mühe aufwenden muss, um neue Begriffe oder Tätigkeiten zu lernen, Entscheidungen zu treffen, so hat das (auf einen ganz einfachen Nenner gebracht) einfach den Grund, dass er länger braucht, um abzuwägen. Um eine Entscheidung zu treffen, geht das Gehirn alle Erfahrungen und Gelerntes des bisherigen Lebens durch, und das dauert halt länger als bei einem jungen Menschen. Vergleichbar etwa mit einem Rechner, dessen Festplatte schon ziemlich voll ist, der wird auch langsamer. Aber die Wahrscheinlichkeit, unter all den gespeicherten Dateien diejenige zu finden, die in der konkreten Situation die richtige ist, ist sehr viel größer. Kurz gesagt: junge Menschen handeln impulsiver, ältere Menschen weiser.
Die wichtigsten Erkenntnisse eines jeden Kapitels fasst Aleman am Schluss immer zusammen. Sehr praktisch für ältere Menschen, die sich dann nur noch diese Merksätze einprägen müssen. Und als Fazit des Buches lassen sich vor allem drei Dinge herausstellen, die dazu beitragen, dass man auch bis ins hohe Alter geistig aktiv und zurechnungsfähig bleiben kann:
Regelmäßige Bewegung, dreimal die Woche eine halbe Stunde. Das kann ein Spaziergang im schnellen Tempo sein, Schwimmen, Radfahren, sogar Gymnastik, Pilates, Dehnübungen. Hauptsache: Bewegung und leicht ins Schwitzen geraten.
Das Gehirn beschäftigen. Bücher lesen. Eine neue Sprache lernen. Ins Museum gehen. Immer wieder Dinge tun, die man noch nicht getan hat. Malen, musizieren, eben alles, was den Kopf beschäftigt.
Gute, maßvolle Ernährung und reichlich trinken.
Wer mag: Religion und Spiritualität. Religiöse Menschen bleiben bis ins hohe Alter erstaunlich fit.
André Adelman ist Professor für Neuropsychologie an der Universität Groningen und ein international renommierter Hirnforscher.
Heute habe ich in der FAZ einen Bericht über den Fotografen Jürgen Bartenschlager gelesen, der aus Fotografien von seinen Reisen faszinierende „Streifenbilder“ anfertigt: Landschaften, Bauten, Natur reduziert auf Streifen und Farben.
Ich habe daraufhin selber ein bisschen mit Photoshop und einigen Fotos herumgespielt – hier meine Galerie:
Der Vorteil, auf dem Land zu wohnen, liegt darin, dass jedes Dorf seinen eigenen Friedhof hat. Die Stadt Kaarst, aus mehreren Ortsteilen zusammengesetzt, hat gleich vier (zumindest nach meinem heutigen Wissensstand): den städtischen Friedhof, den in Vorst, in Büttgen und in Holzbüttgen. Alle vier sind für mich mit dem Fahrrad in längstens zehn Minuten zu erreichen. Nachteil: diese dörflichen Friedhöfe ähneln sich alle, und je kleiner, desto ähnlicher werden sich Gräber und Ausstattung. Hier greift die soziale Kontrolle noch über den Tod hinaus: bloß nicht auffallen.
Man muss schon suchen, um ungewöhnliche Grabfiguren zu finden. Denn auch hier überall die gleichen, neutralen, für die Ewigkeit polierten Grabsteine und: Gips-Engelchen. Diese industriell gefertigten kleinen Racker sehen eigentlich nur noch dann interessant aus, wenn sie schon Patina oder Moos angesetzt haben. Hin und wieder allerdings findet man auch welche, die geradezu fröhlich oder auch verschmitzt aussehen. Schöne, holzgeschnitzte Figuren hingegen sind sehr selten geworden. Da muss man im ältesten Teil des Friedhofs suchen.
Neueste Mode ist übrigens, die gesamte Graboberfläche in geometrische Flächen aufzuteilen und jeweils mit unterschiedlichem Belag, meistens verschiedenfarbige Kieselsteine, zu bestreuen. In einer Gegend mit hohem Grundwasserspiegel, wie es in Kaarst der Fall ist, dürften solche Gräber bald einsacken, wie man an älteren Grabstätten gut sehen kann. Dann sieht es bestimmt nicht mehr schön aus. Aber jeder wie er mag.
Heute ist wieder so ein Tag. Ein Tag, an dem ich mich frage, ob manche Menschen eigentlich wissen, was sie da reden. Okay, das frage ich mich sowieso oft – aber vielen ist die Herkunft mancher Begriffe oder Redensarten ganz eindeutig nicht klar. Selbst Otto Normal-User im Internet nicht, Menschen, von denen man annehmen sollte, dass sie sich mit Sprache beschäftigen, wenn sie schon ihre Gedanken weltweit abrufbar veröffentlichen.
„Stegreif“ ist beispielsweise so ein Wort. Bekannt von Film, Funk und Fernsehen und vor allem von der Redensart „aus dem Stegreif“. Und nein, der Stegreif schreibt sich NICHT mit „h“ – Stehgreif –, denn er hat weder etwas mit Stehen, noch mit einem Greif zu tun. „Stegreif“ ist schlicht und ergreifend (man verzeihe mir das Wortspiel) ein altes Wort für „Steigbügel“. Und wenn man sich einen Reif (veraltet für „Ring“) vorstellt, durch den unten ein Steg läuft, hat man ihn auch visualisiert. So einfach ist das. Wenn man denn die Worte „Steg“ und „Reif“ überhaupt noch kennt. Immerhin spuckt Wikipedia zum Suchbegriff „Reif“ eine Menge Vorschläge aus, darunter eben auch den Ring. „Aus dem Stegreif“ heißt also, bildlich gesprochen, da springt einer praktisch aus vollem Galopp aus dem Sattel, um… ja, irgendwas dringend zu tun, und das völlig unvorbereitet.
Hilfreich ist beim Begriff „Reif“ übrigens auch, wenn man früher „Teekesselchen“ gespielt hat. Und wehe, es fragt jetzt einer, was „Teekesselchen“ ist.
Ein anderer beliebter Ausdruck ist „in Sack und Asche gehen“, was so viel bedeutet wie: etwas bereuen, die Schuld auf sich nehmen. Die Redensart stammt aus der Bibel: als Zeichen der Buße streute man sich Asche aufs Haupt und ging in grobem Leinen (= Sackleinen). Wie überhaupt Asche in Kirchenbräuchen immer wieder eine Rolle spielt. Aschermittwoch, remember? Es gibt da allerdings auch noch den Ausdruck „in Schutt und Asche“, der mehr mit brachialer Zerstörung und weniger mit Buße zu tun hat. Leider werden diese Ausdrücke oft verwechselt. Wenn jemand „in Schutt und Asche geht“, nur weil er etwas bereut, hat er irgendwas extrem falsch gemacht.
Das beste Beispiel seit langem habe ich heute in den Twitternachrichten einer überregionalen Tageszeitung gelesen: „Die heutige Pressekonferenz im Élysée-Palast wird für François Hollande zum Spießroutenlauf.“ Finde den Fehler. Richtig: auch, wenn es um den französischen Präsidenten geht, es ist immer noch die gute alte „Spießrute“ gemeint, und nicht die „Route“, das französische Wort für Straße. Da sind dem Kollegen ein wenig die Vokabeln durcheinandergeraten. Beim Spießrutenlauf handelt es sich um eine Bestrafungsmaßnahme von und an Soldaten, die bis ins 19. Jahrhundert hinein üblich war. Der Delinquent musste eine Gasse durchlaufen, von anderen Soldaten gebildet, und es wurde auf ihn eingedroschen mit… na? Richtig: Ruten. Wem das jetzt zu kompliziert ist, der kann sich vielleicht einfach merken, dass der Nikolaus bösen Kindern eine Rute bringt und keine Route. Und auch keinen Router.
Absichtliche Fehlinterpretationen hingegen können viel Spaß machen. Neueste Spielzeuge für Journalisten, die sich mit Social Media beschäftigen, sind sogenannte „Kuratier-Tools“. „Kuratieren“ lehnt sich an das englische „curating“ an, gemeint ist damit, Beiträge von Mediennutzern zu sammeln, zu sortieren, zu gewichten und schließlich zu präsentieren. Dafür gibt es Progrämmchen, die den Vorgang beschleunigen und erleichtern. Die Worte „Kurator“ oder „Kuratorium“ (im weitesten Sinne für „verwalten“) sind ja recht bekannt und verwandt.
So verkündet ein Kollege heute freudestrahlend, dass er zu einer Veranstaltung eingeladen ist, auf der verschiedene Kuratier-Tools vorgestellt werden.
Schweigen.
„Kuratieren?“, fragt eine Kollegin zögernd, „ist das nicht eine Operationsmethode?“
„Du meinst kürettieren.“
„Iiiihhhhh!!!!“
„Quatsch“, sagt der dritte, „das war früher eine Fernsehserie, ‚Der Kuratier des Zaren‘.“
„Und Kürassiere sind berittene Soldaten“, mischt sich der nächste ein.
„Ziemlich kurios, findet ihr nicht?“
Und, wieder an den ersten Kollegen gewandt: „Was genau sollst du da nochmal lernen??“
Ach ja, und der Titel dieses Artikels ist auch bekannt. Oder? Suchbegriffe: Heinrich Heine, Loreley. Bitte, gern geschehen.
(Reihe wird fortgesetzt)
Wer sich mit den Büchern der Autorin Vanessa Mansini beschäftigt hat, wird bereits wissen, dass sich dahinter in Wirklichkeit ein Mann verbirgt: der Autor Michael Meisheit. Michael arbeitet seit langem als Drehbuchautor für die „Lindenstraße„, aber damit ist sein kreatives Potential noch lange nicht am Ende. Er experimentiert mit unterschiedlichen Darstellungsformen, mit dem Internet, mit Blogs – alles nachzulesen auf seiner Webseite -, und sein neuester Coup ist ein Roman in Fortsetzungen. Alle zwei Wochen eine neue Folge. Jeweils mit Cliffhanger, ganz wie in der richtigen Soap. Gelernt ist schließlich gelernt.
Ich habe das Glück und das große Vergnügen, auch bei diesem Projekt als Testleserin am Entstehungsprozess teilzunehmen, und natürlich werde ich hier keine Einzelheiten verraten. Aber da mir das Buch so gut gefällt, ist ein Hinweis, eine Werbung mir geradezu ein Bedürfnis:
Hauptfigur ist die Berlinerin Trixi Kwiatkowski. Das ist aber auch schon alles, was man zunächst über sie weiß, denn Trixi erwacht nach einem Autounfall im Krankenhaus und kann sich an nichts erinnern. Nicht an den Unfall, nicht an ihren Mann, nicht einmal an ihr Leben, zumindest große Teile davon. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus versucht Trixi verzweifelt, ihr Gedächtnis wieder zusammenzusetzen, aber die einzelnen Puzzlestücke passen nicht: sie arbeitet in einer Videothek, obwohl sie eigentlich Fotografin ist. Ihre Kamera ist allerdings verschwunden und nicht auffindbar. Was bedeutet der geheimnisvolle kleine Schlüssel an ihrem Schlüsselbund? Und wieso weiß ihr Mann nichts von ihrer Mitgliedschaft im Fitnessclub und ihrem geheimen Konto? Welche Rolle spielen Mutter und Großtante im Heimatort Lüneburg? Wer ist Freund und wer ist Feind?
Neben dummdreisten Bemerkungen und Sprüchen über ihren Gedächtnisverlust muss sie sich permanent mit der Frage „Wer ist Trixi?“ auseinandersetzen und oft genug eine gedankliche Kehrtwendung machen, wenn sie glaubt, endlich etwas herausgefunden zu haben. Ein atemberaubender Zickzacklauf zwischen einzelnen Wissensinseln, Manipulationen und trügerischen Erinnerungsfetzen…
Die ersten drei Teile sind bereits erschienen, der vierte folgt am 24. Januar 2014. Unbedingt lesenswert!
Der arme Hasenkrug wird diesmal sehr gebeutelt. Nicht nur, dass er und sein Chef, Kommissar Büttner, im beschaulichen Örtchen Greetsiel einen ziemlich unappetitlichen Mordfall aufklären müssen – es gibt auch noch eine beinahe unübersehbare Schar von Verdächtigen. Außerdem spielen in diesem sehr vergnüglichen Ostfriesenkrimi eine Getreidemühle, Bienen, ein Internet-Blog, eine rabiate Ur-Oma, Kuh Erna und Pestizide eine Rolle, und Hasenkrug muss sich näher mit all diesen Dingen beschäftigen, als ihm lieb ist. Von den ständigen Verdrehungen seines Namens ganz zu schweigen.
Ostfriesland und dessen mundfaule, aber handfeste Einwohner sind auch diesmal die Protagonisten, und Elke Bergsma erzählt nicht nur sehr unterhaltsam, sondern löst den verzwickten Fall in einem dramatischen Finale völlig logisch auf. Und wie bei jedem guten Krimi denkt man sich am Schluss, man hätte eigentlich drauf kommen müssen… 😉
Ein schwerer Brocken lag unterm Weihnachtsbaum – aber ich hatte mir das Buch gewünscht. Obwohl es schon fast ein Jahr veröffentlicht ist und ich es unbedingt lesen wollte, hatte ich mich bisher unwohl und vorsichtig drumherum gedrückt. Zu schwere Kost, um es abends vor dem Schlafengehen oder zwischendurch in der Bahn zu lesen. An den Feiertagen ist Zeit.
Vorweg: ich glaube Pola Kinski jedes Wort, das im Buch steht. Jedes. Einzelne. Wort. Eine solche Geschichte kann sich niemand einfach so ausdenken. Lächerliche Vorwürfe, sie habe es nur geschrieben, um auf sich aufmerksam zu machen. Warum sollte sie? Warum sollte sie sich freiwillig den zwangsläufig folgenden öffentlichen Zweifeln aussetzen, 20 Jahre nach dem Tod ihres Vaters?
Ein schwieriges Buch, wuchtig und intensiv geschrieben, es hinterlässt den Leser ratlos und wütend zugleich. Es geht gar nicht so sehr um Kinski, oder um seine Tochter, um prominent oder nicht, es geht in diesem Buch vor allem um Konstellationen, in denen Missbrauch entstehen kann und oft genug entsteht. Weil weggesehen wird, weil die Umwelt gleichgültig ist. Weil es „doch nicht so schlimm“ ist. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als mindestens ein zerstörtes Leben.
Ich habe das Buch in einem Zug ausgelesen, es ist von solcher Intensität, dass es einen hineinzieht und man immer weiter liest, auch wenn es schwer erträglich ist. Pola Kinski ist nur wenige Jahre älter als ich, und das Nachkriegsdeutschland, das sie beschreibt, kenne ich auch noch. Dieses Verklemmte, dieses Schweigen, im Kino die heile Welt. Nicht für Kinder wie Pola, die zwischen beiden Elternteilen hin und hergerissen ist. Ignoriert von der Mutter, verwöhnt wie eine Prinzessin vom Vater, auf der Suche nach Liebe und restlos abhängig von jeder Zuwendung, die sie überhaupt bekommt. Im Schweigen gefangen durch Erpressung: „Wenn du jemandem etwas sagst, muss ich ins Gefängnis.“
Wer nach der Lektüre dieses Buchs immer noch fragen kann, warum sie damals nichts gesagt hat oder warum sie erst so spät ihr Schweigen bricht – der hat nichts verstanden. Schade nur, dass es erst so spät veröffentlicht wurde, aus zwei Gründen: Kinski hätte hinter Gitter oder zumindest in die geschlossene Anstalt gehört, und vielleicht wäre das Thema Kindesmissbrauch schon viel früher intensiv diskutiert worden.
Pola Kinski hat meine Bewunderung. Sie ist eine mutige Frau, die nicht nur ihr eigenes, ganz privates Erleben und dessen Schrecken öffentlich macht, sondern sie hat ihr Leben beherzt angepackt und es irgendwie gemeistert. Ich hoffe sehr, sie hat auch Glück ohne Schatten erleben dürfen.